Nelson Mandela

Nelson Mandela
Nelson Mandela
 
Der Übergang Südafrikas vom rassistischen Apartheidsregime zu einem Staat, in dem alle Bürger die gleichen Rechte haben, bleibt auf immer verbunden mit dem Namen Nelson Mandela. Seine persönliche Autorität brachte Südafrika durch alle inneren und äußeren Konflikte in dieser entscheidenden Phase seiner Geschichte.
 
 Sohn eines Häuptlings
 
Nelson Rolihlahla Mandela wurde am 18. Juli 1918 als Sohn eines Tembuhäuptlings in Qunu in der Transkei geboren. Bis 1934 ging er auf eine Missionsschule, anschließend besuchte er eine höhere Schule der Methodisten in Healstown. Danach war er Jurastudent an der Universität für Farbige von Fort Hare. Da er an einer studentischen Protestaktion führend teilgenommen hatte, wurde er bereits 1940 wieder vom Studium ausgeschlossen.
 
Mandela ging nach Johannesburg, wo er in einer jüdischen Kanzlei als Anwaltsgehilfe arbeitete. Parallel dazu absolvierte er ein Fernstudium an der Universität von Südafrika in Pretoria, an der er 1942 einen Abschluss als Anwalt machte.
 
 Seit 1944 ANC-Mitglied
 
1944 schloss sich Mandela dem African National Congress (ANC) an, dessen Ziel es war, eine demokratische Gesellschaft zu errichten, in der alle Rassen gleichberechtigt zusammenleben. An der Seite von Oliver Tambo und Walter Sisulu war er Mitbegründer der Jugendliga des ANC, die er 1951/52 auch anführte. Zudem rückte Mandela 1949 in den Exekutivausschuss des ANC auf. 1952 organisierte der ANC Massenproteste, die so genannte »Defiance-Campaign« (Missachtungskampagne), die sich gegen die 1948 eingeleitete Apartheid richtete. Durch gewaltfreien zivilen Ungehorsam wurden dabei die Rassengesetze bewusst übertreten. Wegen dieser Aktionen wurde Mandela, mittlerweile ANC-Vizepräsident, zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt und anschließend unter einen »Bannbefehl« gestellt, was Hausarrest und das Verbot jeglicher politischer Tätigkeit bedeutete.
 
Mandela arbeitete im Untergrund politisch weiter und war maßgeblich an der Ausarbeitung der »Freiheits-Charta« des ANC beteiligt, die 1955 veröffentlicht wurde. Im Dezember 1956 wurde er - neben vielen anderen Oppositionspolitikern - des Hochverrats angeklagt; ein Vorwurf, von dem er aber 1961 freigesprochen wurde. Mandela organisierte weiterhin Widerstandskampagnen, deren Höhepunkt die Proteste gegen die Passgesetze waren. Eine solche Demonstration wurde am 21. März 1960 im »Massaker von Sharpeville« blutig niedergeschlagen.
 
Mandela gründete 1961 die Militärorganisation »Umkonto we Sizwe« (»Speer der Nation«), die auf Sabotageaktionen ausgerichtet war und zu deren Befehlshaber er aufstieg. 1961 wurde der ANC verboten. Daraufhin begab sich Mandela illegal ins Ausland, um in Großbritannien und in verschiedenen afrikanischen Ländern finanzielle und militärische Unterstützung für den ANC zu organisieren.
 
 Von 1962 bis 1990 im Gefängnis
 
Als er 1962 nach Südafrika zurückkehrte, wurde er verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Im Oktober 1963 erfolgte im so genannten »Rivonia-Prozess« (benannt nach einer Farm in Rivonia in der Nähe Johannesburgs, wo am 11. Juli 1963 acht im Untergrund lebende ANC-Führer verhaftet worden waren) eine Anklage wegen Hochverrats, Sabotage und Verschwörung. Der Prozess endete im Juni 1964 mit der Verurteilung Mandelas zu lebenslanger Haft. Bis April 1982 war er auf der Felseninsel »Robben Island« vor Kapstadt inhaftiert, dann im Hochsicherheitsgefängnis Pollsmoor bei Kapstadt, ab Dezember 1988 im Victor-Verster-Gefängnis bei Paarl. Im Februar 1985 bot ihm die Regierung die Freilassung unter der Bedingung an, künftig auf Gewalt zu verzichten. Mandela lehnte ab und forderte stattdessen, den ANC zu legalisieren und die Apartheid abzuschaffen. Der politische und wirtschaftliche Druck auf Südafrika nahm in den Folgejahren immer mehr zu.
 
 Südafrikas schwieriger Weg zur Demokratie
 
Am 11. Februar 1990 wurde schließlich Mandela aus der Haft entlassen. Im Folgemonat wählte ihn der mittlerweile wieder zugelassene ANC zum Vizepräsidenten, im Juli 1991 zu seinem Präsidenten. Die wichtigsten Apartheidsgesetze wurden 1990 und 1991 abgeschafft, der Ausnahmezustand Mitte 1991 aufgehoben. Für politische Gefangene gab es eine Amnestie; den Emigranten, die zurückkehren wollten, wurde von der Regierung Straffreiheit zugesichert. Dafür erklärte der ANC im August 1990, dass er den bewaffneten Kampf aussetze. Allerdings hielt man sich auf beiden Seiten nur bedingt an diese Absprachen. Besonders schwer lastete auf dem Land der Konflikt zwischen dem von den Xhosa dominierten ANC und der Inkatha, der politischen Organisation der Zulus. Von der Provinz Natal ausgehend, kam es zu blutigen Kämpfen zwischen den Anhängern beider Gruppierungen. Mandela und der Zuluführer Buthelezi vereinbarten schließlich im März 1991 einen Friedensplan. Die blutigen Auseinandersetzungen, die Tausende von Toten forderten, konnten jedoch nicht beendet werden. Als bekannt wurde, dass die weiße Regierung die Inkatha finanziell und militärisch unterstützt hatte, platzten im Mai 1991 die Gespräche zwischen ANC und Regierung. Im September gelang jedoch die Einigung auf ein Friedensabkommen, an dem sich Regierung, ANC, Inkatha und 23 weitere Parteien beteiligten.
 
Daraufhin wurde im Dezember 1991 der »Konvent für ein demokratisches Südafrika« (CODESA) einberufen, um über eine neue Verfassung zu beraten. Leiter der ANC-Delegation war Nelson Mandela. Diese Konferenz bestimmte im Juli 1993 den 27. April 1994 als Termin für demokratische Wahlen in Südafrika. Im September 1993 wurde die Einrichtung eines Übergangsexekutivrates vereinbart, der bis zu den Wahlen die Regierung kontrollieren sollte. Im November beschloss die CODESA eine Übergangsverfassung, der am 22. Dezember 1993 das noch amtierende südafrikanische Parlament mit großer Mehrheit zustimmte. Gewalttätigkeiten zwischen rivalisierenden Organisationen der Schwarzen (besonders zwischen Inkatha und ANC) sowie zwischen weißen und schwarzen Extremisten stellten den Erfolg der Verhandlungen jedoch immer wieder infrage. Am 31. März 1994 verhängte der südafrikanische Präsident de Klerk den Ausnahmezustand. Erst am 19. April 1994 erklärte die Inkatha sich bereit, an den Wahlen teilzunehmen.
 
 Friedensnobelpreis 1993 für Mandela und de Klerk
 
Dass es in Südafrika zu einem solchen Wandel - von einem menschenverachtenden Apartheidsregime hin zu einem demokratischen Rechtsstaat - kommen konnte, ist vor allem zwei Männern zu verdanken: dem Weißen Frederik de Klerk, der seit seinem Amtsantritt im September 1989 als Staatspräsident auf eine nationale Aussöhnung hinarbeitete, und dem Schwarzen Nelson Mandela, der den ANC in eine konsensorientierte Übergangsphase einband und bei allen inneren und äußeren Konflikten vor allem durch seine persönliche Autorität bestach. Beide Politiker erhielten deshalb 1993 den Friedensnobelpreis.
 
 Am 9. Mai 1994: Staatspräsident Südafrikas
 
Bei den Parlamentswahlen vom 26. bis 29. April 1994 erreichte der ANC mit über 62 Prozent der Stimmen einen überwältigenden Sieg. Am 27. April 1994 trat die Übergangsverfassung in Kraft, am 9. Mai 1994 wurde Nelson Mandela zum Staatspräsidenten Südafrikas gewählt. Er stellte eine »Regierung der nationalen Einheit« vor; Erster Vizepräsident (faktisch Ministerpräsident) wurde Thabo Mbeki, Zweiter Vizepräsident der bisherige Präsident Frederik de Klerk, Innenminister Zuluführer Buthelezi. Im Juni 1996 trat die Nationale Partei unter de Klerk aus der Regierung aus, da sie die Notwendigkeit für eine »echte« Opposition sah. Im Februar 1997 trat die neue Verfassung in Kraft, die rechtsstaatliche Prinzipien verankerte und dem Staatspräsidenten eine dominierende Stellung, vergleichbar mit der des französischen oder des amerikanischen Präsidenten, einräumte.
 
 Als Präsident setzte Mandela eigene Akzente
 
Als Präsident Südafrikas behielt Mandela die Westorientierung seines Landes bei, setzte aber auch deutliche Akzente, was vor allem die Rolle seines Landes auf dem afrikanischen Kontinent betraf. Schrittweise trat Südafrika aus seiner außenpolitischen Isolierung heraus (u. a. 1994 Wiederaufnahme in die OAU, in das Commonwealth sowie in die Vereinten Nationen) und konnte sich allmählich als regionale Führungsmacht im südlichen Afrika etablieren. Gleichzeitig bemühte sich Südafrika, in afrikanischen Krisenregionen zu vermitteln (u. a. in der Demokratischen Republik Kongo, in Angola oder in Burundi).
 
 Nachfolger Thabo Mbeki
 
1996 gab Mandela bekannt, dass er 1999 nicht mehr für eine Wiederwahl kandidieren werde. Als seinen Nachfolger hatte er Thabo Mbeki vorgesehen, der als »exekutiver Vizepräsident« schon jahrelang die täglichen Regierungsgeschäfte führte. Mbeki folgte Mandela im Dezember 1997 als Präsident des ANC, am 14. Juni 1999 wurde er einstimmig als neuer südafrikanischer Staatspräsident vom Parlament gewählt. Bei den zweiten demokratischen Parlamentswahlen 12 Tage zuvor, am 2. Juni 1999, hatte der ANC mit 66,35 Prozent der Stimmen die Zweidrittelmehrheit nur um ein Mandat verfehlt. Nelson Mandela hatte sich in den Jahren zuvor schon langsam aus der aktiven Politik zurückgezogen.
 
 Häuptling Mandela
 
Am 6. April 1999 wurde Nelson Mandela vom königlichen Klan der Tembu zu ihrem obersten Häuptling im Bezirk von Umtat im Ostkap ernannt. Dieses Amt trat er nach dem Ende seiner Staatspräsidentschaft an. Damit schloss sich für Mandela ein Kreis, da er im Alter dorthin zurückkehrte, wo er aufgewachsen war.
 
 Niemals Privatmann
 
Bei Mandelas Biografie von einem »Privatmann« Mandela zu sprechen ist keineswegs zutreffend. Das zeigt auch ein Blick auf seine familiären Beziehungen. Seine erste Ehe, aus der er drei Kinder hat, wurde 1955 geschieden. 1958 heiratete er Nomzamo Winnie Madikizela. Die beiden haben zwei gemeinsame Töchter. In den Mittelpunkt politischer Betrachtungen rückte diese Verbindung, als Winnie Mandela im Mai 1991 verurteilt wurde, da sie an der Entführung schwarzer Jugendlicher beteiligt gewesen war. Nelson Mandela trennte sich im April 1992 offiziell von seiner Frau; die Ehe wurde schließlich im März 1996 geschieden. An seinem 80. Geburtstag, am 18. Juli 1998, heiratete Mandela Graça Machel, die Witwe des früheren Präsidenten von Moçambique. Als traditionellen Brautpreis soll Nelson Mandela 60 Kühe bezahlt haben.

Universal-Lexikon. 2012.

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